Deutschlands Energiewende ruft einerseits Bilder von sonnendurchfluteten, blühenden Landschaften hervor, gespickt mit Windrädern und Solaranlagen. Doch die Erfolgsgeschichte hat auch eine Schattenseite: An der Abhängigkeit von Kohle hat sich bislang nichts geändert, das Land ist nach wie vor ein Kohleland.
Carbon Brief hat die aktuellen Daten zur deutschen Stromerzeugung in einer interaktiven Karte aufbereitet. Zusammen mit einer Reihe weiterer interaktiver Grafiken wird deutlich, dass Deutschlands Kohleproblem die größte Herausforderung für eine Dekarbonisierung darstellt. Auch die Bereiche Wärme, Verkehr und Industrie hinken hinterher.
Mit einer ebenfalls interaktiven Zeitleiste zeichnet Carbon Brief zudem die Geschichte der Energiewende seit ihren Anfängen zu Beginn der 1970er Jahre nach – und beschreibt, wie die deutsche Politik mit dem Thema umgeht.
Energie in Deutschland im Jahr 2016
Wie in vielen anderen reichen Ländern sinkt auch in Deutschland der Energieverbrauch – und das bei wachsender Wirtschaft. Zwar gibt es Schwankungen: Im ersten Halbjahr 2016 beispielsweise war ein Anstieg um knapp zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu verzeichnen. Das ändert aber nichts an der langfristigen Tendenz.
Deutschlands gesamter Energieverbrauch – also bei Strom, Wärme, Verkehr, usw. – belief sich 2015 auf 320 Millionen Tonnen Öl-Äquivalent. Das ist genauso viel wie 1975. In anderen Ländern ist der Rückgang noch deutlicher. Großbritanniens Verbrauch etwa liegt nun auf dem Niveau der 1960er Jahre.
Bis Anfang der 1970er Jahre war Kohle Deutschlands wichtigster Brennstoff, bevor Öl zur Nummer Eins aufstieg. Heute deckt Öl ein gutes Drittel des Gesamtverbrauchs. Der Verbrauch von Kohle halbierte sich zwischen 1965 und 2000. Doch seitdem ist es zu keiner weiteren Reduktion mehr gekommen. Deutschland bezieht nach wie vor mehr Energie aus Kohle als aus allen klimafreundlichen Energien – Erneuerbare plus Atomenergie – zusammen.
Oben: Deutschlands Primärenergie-Verbrauch, nach Energieträgern aufgeschlüsselt, in Millionen Tonnen Öl-Äquivalent, von 1965 bis 2015. Unten: Anteile am deutschen Energieverbrauch in Prozent. Quelle: BP Statistical Review of World Energy. Die Grafiken sind mit Highcharts erstellt. Mit einem Klick auf die Legende können die einzelnen Energieträger ausgewählt werden. Wenn Sie den Cursor über die Grafik bewegen, erhalten Sie weitere Informationen, etwa zur Entwicklung der Emissionen im Vergleich zu 2005 sowie zur Höhe der Anteile.Deutschland deckte seinen Energiebedarf 1965 zu 99 Prozent mit fossilen Energien. Bis 1990 sank ihr Anteil auf 89 Prozent – Atomkraftwerke kamen für die Differenz auf. Inzwischen ist der Beitrag der Fossilen auf ein Rekordtief gefallen: 2015 lag er bei 79,7 Prozent. Von den restlichen 20,3 Prozent kommen inzwischen nur noch 6,5 Prozentpunkte von der Atomenergie, während die Erneuerbaren mit 13,8 Prozentpunkten mehr als doppelt so viel beitragen.
Bei der Stromerzeugung ist der Anteil der Erneuerbaren besonders hoch. Sie produzierten 2015 rund ein Drittel der Elektrizität Deutschlands (siehe Grafik unten). Im Wärmesektor sind es hingegen nur 13 Prozent und im Verkehrssektor sogar nur fünf Prozent. Nach den Klimazielen der EU muss Deutschland bis 2020 insgesamt 18 Prozent seiner Gesamtenergie aus regenerativen Quellen beziehen.
(Anzumerken ist, dass die Zahlen zur Primärenergie in der Grafik auf BP-Berechnungen zurückgehen und die sogenannte Partial-Substitution-Methode verwenden. Dabei wird der Beitrag von Erneuerbaren und Atomenergie danach berechnet, wie viel fossile Energie in einem Kraftwerk mit durchschnittlichem Wirkungsgrad eingesetzt werden müsste, um dieselbe Menge an Strom zu erzeugen. Die Methode ist umstritten und wird von der Internationalen Energieagentur IEA nicht mehr verwendet.)
Die Windkraft spielt bei den Erneuerbaren die mit Abstand größte Rolle. Ihr Anteil lag 2015 bei 46 Prozent, gefolgt von Biomasse mit 26 Prozent und Solarenergie mit 20 Prozent. Wasserkraft stellte zehn Prozent. Nach bescheidenen Anfängen wuchsen die Erneuerbaren rasant: Seit 2005 hat sich die zugebaute Kapazität bei Wind verdoppelt, im Solarbereich gab es sogar eine Verdreifachung.
Deutschlands Emissionen
Trotz sinkendem Energieverbrauch und wachsendem Erneuerbaren-Anteil sind die Treibhausgas-Emissionen in Deutschland seit 2009 praktisch nicht mehr zurückgegangen. Nach wie vor liegen sie nur um 27 Prozent unter dem Niveau von 1990. Um das eigene Klimaziel zu schaffen, die Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu senken, hat Deutschland noch einen weiten Weg vor sich. Auch bei den Zielen zur Energieeinsparung hinkt das Land hinterher.
Die Gründe für das Versagen sind offenkundig. Zum einen liegt es an den weiterlaufenden Kohlekraftwerken, die im Energiesektor für einen unvermindert hohen Ausstoß von Klimagasen sorgen (dunkelblauer Balken, siehe Grafik unten). Zum anderen liegt es am Verkehrssektor (hellblau) und an der Landwirtschaft (orange). In beiden Bereichen sind die Emissionen nach wie vor genauso hoch wie noch 1990.
Deutschlands Treibhausgas-Emissionen, in Millionen Tonnen CO2-Äquivalent, von 1990 bis 2015 sowie die Ziele für 2050. Wenn Sie mit dem Cursor über die Grafik fahren, werden die Veränderungen bei den sektoralen Emissionen seit 1990 angezeigt. Die Kategorie „Andere“ beinhaltet Abfall, flüchtige Emissionen aus Brennstoffen sowie Emissionen aus dem Brennstoffeinsatz aus Handel und Gewerbe sowie beim Militär. Quelle: Umweltbundesamt (UBA), sowie aktuelle Zahlen von 2015. Die Grafik ist mit Highcharts erstellt.2015 stiegen Deutschlands Emissionen leicht an. Verantwortlich dafür war laut Umweltbundesamt – neben der kühleren Witterung – vor allem der wachsende Klimagasausstoß im Verkehrssektor. Auch Großbritannien steht bei den Verkehrsemissionen nicht besser da. Doch der fehlende Fortschritt macht sich in der Gesamtbilanz kaum bemerkbar, weil es zugleich drastische Einschnitte beim Kohleverbrauch gab.
Deutschlands Kraftwerke
Kohle ist nach wie vor das Fundament der deutschen Stromerzeugung. Braun- und Steinkohlekraftwerke kommen zusammen auf eine Kapazität von 49 Gigawatt. 2015 deckten sie 46 Prozent der Binnennachfrage (siehe unten). Unter Deutschlands Braunkohlekraftwerken, die für eine Kapazität von 21 Gigawatt stehen, sind vier der fünf größten CO2-Emittenten Europas. Sie stoßen zusammen neun Prozent aller Emissionen aus, die im Europäischen Emissionshandel (EU ETS) erfasst sind.
Die Kraftwerke liegen in unmittelbarer Nähe der historischen Abbaugebiete im Rheinland, in der Lausitz und an der Saar, wo die Steinkohleförderung 2012 auslief. Im Rheinischen Revier und in der Lausitz wird weiterhin Braunkohle abgebaut, allerdings begleitet von einem massiven Rückgang bei den Beschäftigtenzahlen. Vor allem in der ostdeutschen Lausitz, wo die Braunkohle die letzte seit der Wiedervereinigung noch verbliebene industrielle Basis darstellt, steht ein dramatischer Strukturwandel bevor, auf den die Region kaum vorbereitet ist.
Bemühungen zur Ansiedlung anderer Industrien, etwa im Bereich Tourismus, hatten bislang nur wenig Erfolg. Im Juli 2016 gab Schwedens Regierung dem staatseigenen Energiekonzern Ungeachtet von Aufrufen zu einer Stilllegung der Anlagen gab Vattenfall grünes Licht für den Verkauf seiner verlustbringenden Tagebaue und Braunkohlekraftwerke in der Lausitz. Der Verkauf ist noch nicht über die Bühne gegangen.
Die Infrastruktur der Erneuerbaren ist in Deutschland dagegen dezentral und kleinteilig organisiert, ganz ähnlich wie in Großbritannien. Viele Anlagen haben weniger als zehn Megawatt Kapazität, da Eigentümer und Betreiber oftmals kleine Energiegenossenschaften sind und nicht große Konzerne.
Die interaktive Karte von Carbon Brief fasst kleinere Anlagen zusammen und zeigt jeweils die Gesamtmenge, die in einer der 100 Postleitregionen Deutschlands installiert ist (siehe Anmerkungen unten). Die Solarenergie ist in den südlichen Bundesländern besonders stark vertreten, obwohl es überall im Land Anlagen gibt. Im Süden findet sich wegen der bergigeren Landschaften auch die meiste Wasserkraft.
Windparks dominieren in Norddeutschland, vor allem an der Nordseeküste. Allerdings haben teilweise höhere Einspeisetarife in windärmeren Regionen für eine landesweite Verteilung gesorgt. Die geographische Spaltung Deutschlands in einen windreichen Norden und einen energiehungrigen Süden stellt für den Ausbau der Netze die größte Herausforderung dar.
Der durchschnittliche Auslastungsfaktor bei Windkraft an Land liegt in Deutschland unter 20 Prozent. Das ist ein interessanter Gegensatz zu Großbritannien, wo trotz eines durchschnittlichen Auslastungsfaktors von etwa 26 Prozent darüber diskutiert wird, ob in vielen Regionen überhaupt genug Wind weht, um Windräder rentabel zu betreiben. Der Faktor für die gesamte Windkraft stieg in Deutschland 2015 auf rund 22 Prozent, nachdem mehrere Offshore-Anlagen ans Netz gingen.
Stromerzeugung
Beim Atomstrom hat Deutschland schon heute den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung erreicht. Die Erzeugung fiel seit 2005 um 44 Prozent. Mit dem geplanten Atomausstieg bis 2022 ist ein weiterer Rückgang vorgezeichnet.
Bislang sind noch sieben Atomkraftwerke am Netz. Mit ihrer Kapazität von elf Gigawatt produzierten sie 2015 insgesamt 92 Terawattstunden Strom.
Oben: Bruttostromerzeugung in Deutschland, in Terawattstunden, 1990-2015.Unten: Anteile an der Erzeugung, abzüglich der Menge an Stromexporten, die 2015 einen Rekordwert von 50 Terawattstunden erreichten. Der größte Teil der Stromexporte geht in die Niederlande, Belgien, Großbritannien und Italien, so das Frauenhofer Institut ISE. Quelle: AG Energiebilanzen. Die Grafiken hat Carbon Brief unter Verwendung von Highcharts erstellt.
Deutschlands Atomkraftwerke erzeugten 2015 somit mehr Strom als Solarenergie und Biomasse zusammen. Die installierten 39 Gigawatt Solar lieferten 38 Terawattstunden, Biomasse mit sieben Gigawatt 44 Terawattstunden. Auch Windenergie wurde leicht übertroffen. Sie erzeugte mit 45 Gigawatt Kapazität 88 Terawattstunden. Die Zahlen machen deutlich, in welcher Größenordnung weitere erneuerbare Kapazitäten zugebaut werden müssen, um die Atomenergie nach dem Ausstieg 2022 zu ersetzen.
2015 erzeugten die Erneuerbaren jedoch bereits ein Drittel des deutschen Stroms. An sonnigen oder windigen Tagen können sie bei geringer Belastung – etwa an Sonn- oder Feiertagen – schon heute fast 100 Prozent des Bedarfs decken.
Das Überangebot kann derzeit noch über Exporte ausgeglichen werden – führt aber auch zu sinkenden Börsenstrompreisen. Das setzt sowohl die Erneuerbaren als auch Deutschlands Stromversorger unter Druck. Überkapazitäten und der Preisverfall an den Rohstoffmärkten tragen ebenfalls dazu bei.
Langfristig gesehen dürften neue Speichertechnologien nötig werden, etwa Power-to-Gas, um die Schwankungen bei Wind und Sonne aufzufangen. Power-to-Gas ist nach wie vor teuer. Wie rasch der Einsatz zusätzlicher Speicher benötigt wird, ist umstritten.
Die Entwicklung
An den Daten, die in unsere interaktive Karte eingeflossen sind, lässt sich ablesen, dass sich Deutschlands Stromerzeugung über die Jahre teilweise stark verändert hat. Die Grafik unten liefert einen Überblick über die Entwicklung seit 1960.
Praktisch keine Veränderungen gibt es bei den Kohlekraftwerken. Sie decken nach wie vor rund die Hälfte des deutschen Strombedarfs. Über die letzten 50 Jahre wurden kontinuierlich weitere Kohlekapazitäten aufgebaut. Einzige Ausnahme ist die Zeit nach 2000, als die Stromversorger damit beschäftigt waren, sich auf die Marktliberalisierung anzupassen.
Seit 2012 sind rund zehn Gigawatt neuer Kohlekapazität hinzugekommen. Sie waren allerdings schon Jahre zuvor geplant und genehmigt worden. Mindestens bis ins Jahr 2009 hinein konnten Neubaupläne für Kohlekraftwerke mit der Unterstützung der Politik rechnen (siehe Zeitleiste). Zwei der damals neu geplanten Steinkohlekraftwerke sind bis heute nicht fertiggestellt, darunter die Ein-Gigawatt-Anlage Datteln, die einer ungewissen Zukunft entgegensieht.
In den 1970er Jahren kommt es zu einer Verlagerung hin zu Gas und Atom. Bis in die 1980er Jahre hinein werden kontinuierlich neue Reaktoren gebaut – trotz starker Proteste der Anti-Atom-Bewegung (siehe Zeitleiste). Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl führt in Deutschland, wie in vielen anderen Ländern, zu einem faktischen Neubauverbot.
Nach der Atomhavarie von Fukushima 2011 lässt Kanzlerin Merkel eine Reihe von Atomkraftwerken abschalten und nimmt die zuvor vereinbarte Laufzeitverlängerung zurück. Deutschland beschließt den Atomausstieg bis 2022. Die nächsten Atomkraftwerke, die vom Netz gehen sollen, sind Gundremmingen im Jahr 2017 (1,3 Gigawatt) und Philippsburg im Jahr 2019 (1,4 Gigawatt), beide in Süddeutschland gelegen (siehe Karte oben).
Zugebaute Stromleistung in Deutschland pro Jahr, in Gigawatt, 1960-2015. Stilllegungen werden für alle Energieträger ab 2011 dargestellt, mit der Ausnahme der Atomenergie, bei der die Stilllegungen über den gesamten Zeitraum gezeigt werden. Quelle: Bundesnetzagentur (BNetzA), Internationale Atom-Energie-Agentur (IAEA) PRIS database und Carbon Brief-Analyse. Die Grafik wurde von Carbon Brief erstellt, unter Verwendung von HighchartsDarüber hinaus geht aus der Grafik hervor, dass bei den Erneuerbaren fast der gesamte Zubau nach 2000 erfolgte – dem Jahr, als das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) beschlossen wurde (siehe Zeitleiste zur Geschichte der Energiewende).
Der Zuwachs bei der Solarenergie erreichte 2011 seinen Höhepunkt und ist, nach Kürzungen bei den Einspeisetarifen, seitdem rückläufig. Im Juli 2016 beschloss Deutschland die Umstellung auf Ausschreibungen, um EU-Vorgaben nachzukommen und die Kosten des Ökostromausbaus zu begrenzen.
(Die EEG-Umlage, mit der die Stromkunden den Ausbau finanzieren, wird 2017 steigen, während der Börsenstrompreis durch die niedrigen Rohstoffpreise und die Null-Grenzkosten bei Wind und Sonne sinkt. Im Schnitt ist die Stromrechnung für Verbraucher seit 2013 jedes Jahr leicht gesunken, berichtet Bloomberg).
Der Wechsel zum Ausschreibungsmodell ist umstritten. Einige fürchten, dass kleine Bürgerprojekte und Energiegenossenschaften nicht mithalten können und von den großen Energiekonzernen aus dem Markt gedrängt werden. Andere sehen die Klimaziele in Gefahr.
Laut Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes (UBA), bringt die Entscheidung, den Ausbau der Erneuerbaren zu deckeln, Deutschlands Klimaziele “in Gefahr“.
Die Ausschreibungen, die bei Solar schon erprobt wurden, werden ab 2017 für alle Erneuerbaren verbindlich. „Ausbaukorridore“ begrenzen den Zubau bei der Solarenergie auf 2,5 Gigawatt pro Jahr und bei Windkraft an Land auf 2,8 Gigawatt. Das Ausbauziel liegt bei 40 bis 45 Prozent Erneuerbaren-Anteil bis 2025, was auf ein verlangsamtes Wachstum im Vergleich zu den letzten Jahren hinausläuft.
Die Offshore-Windenergie erlebte 2015 einen Rekordzubau von knapp zwei Gigawatt, doch in der ersten Jahreshälfte 2016 gab es wieder einen Dämpfer. Am Ausschreibungsmodell muss Offshore erst nach 2021 teilnehmen.
Deutschlands Übertragungsnetzbetreiber gehen nach wie vor davon aus, dass in den fünf Jahren zwischen 2015 und 2020 weitere 20 Gigawatt erneuerbare Energien zugebaut werden, davon sieben Gigawatt Solar und zwölf Gigawatt Wind.
Bei der Biomasse dominieren in Deutschland kleine Anlagen, in denen landwirtschaftliche Abfälle und Mais vergoren werden (siehe Karte oben). In Großbritannien dagegen ist die Biomasse-Kapazität vor allem auf das Kraftwerk Drax konzentriert, in dem Holzpellets verfeuert werden. In dem einstmals größten Kohlekraftwerk des Landes wird in drei seiner sechs Blöcke inzwischen Biomasse verbrannt.
Das Wachstum bei Biogas ist in Deutschland eingebrochen. Grund sind die Kürzungen der Fördermittel, aber auch die begrenzte Verfügbarkeit der Rohstoffe, die in Biogasanlagen verbrannt werden können, etwa Abfall, Pflanzenreste oder auch Energiepflanzen. Biogas könnte als flexibler Puffer fungieren, um die Schwankungen bei Wind und Sonne auszugleichen. Allerdings laufen die meisten Anlagen rund um die Uhr, um höhere Fördermittel zu erzielen. Die EEG-Reform von 2014 versuchte, dem entgegen zu wirken und Flexibilität zu belohnen.
Ein Plan aus dem Jahr 2014, der die Braunkohleemissionen um 22 Millionen Tonnen CO2 senken sollte, wurde nach Protesten von Gewerkschaften und Industrie wieder einkassiert. Stattdessen werden nun acht alte Braunkohlekraftwerke bis 2020 schrittweise vom Netz gehen, beginnend im Oktober 2016. Allerdings sollen die Blöcke weiter in „Sicherheitsbereitschaft“ gehalten werden, wofür ihre Betreiber sieben Jahre lang eine Art Entschädigung erhalten. Der von der EU-Kommission abgesegnete Plan kostet 1,6 Milliarden Euro und spart nur elf bis 12,5 Millionen Tonnen CO2 ein.
Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Kohle und Gas bleiben ungünstig, da Erneuerbare, sinkende Rohstoffpreise und Überkapazitäten den Börsenstrompreis in fünf Jahren um zwei Drittel haben sinken lassen. Für sieben Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von insgesamt einem Gigawatt und sechs Gaskraftwerken mit weiteren 0,9 Gigawatt gibt es Pläne zur Stilllegung vor 2020.
Anmerkungen
Die Karte mit dem deutschen Kraftwerkspark basiert auf Daten, die die Bundesnetzagentur (BNetzA) am 10. März 2016 veröffentlicht hat. Die Standorte in der Karte richten sich nach den Postleitregionen, umgerechnet in Längen- und Breitengrade, und sind deshalb nicht millimetergenau.
Standorte von einigen großen Anlagen wurden manuell berichtigt, um für mehr Genauigkeit zu sorgen. Bei Anlagen, in denen verschiedene Brennstoffe eingesetzt werden, wird der wichtigste Brennstoff in der Karte angegeben. Kraftwerke mit großer Leistung werden in Form einer großen Blase dargestellt. Bei den Abstufungen bei der Größe der Blase wird die Jenks Methode verwendet.
Bei kleinen Erneuerbaren-Anlagen unter zehn Megawatt Leistung wird die Gesamtmenge der jeweiligen Anlagenart angegeben, die pro Postleitregion installiert ist. Deutschland ist in rund 100 Regionen aufgeteilt, für die die ersten beiden Ziffern der fünfstelligen deutschen Postleitzahlen (PLZ) stehen.
Die zusammengefassten Gesamtmengen in jeder Region sind mittig zwischen den einzelnen Standorten dargestellt.
Die Grafik über Zubau und Stilllegung enthält nur Informationen, die Stilllegungen ab 2011 betreffen. Bei den Stilllegungen von Atomkraftwerken wurden zusätzliche Informationen aus der IAEA PRIS Datenbank verwendet.
Bei den Erneuerbaren stammen die Angaben über Errichtung und Standort aus dem EEG-Register, zusammengestellt von der EnergyMap.info Website.
Diese Datensätze, die mehr als 1,5 Millionen einzelner Anlagen umfassen, reichen bis zum August 2015 und wurden durch weitere Quellen ergänzt und abgeglichen, darunter die Daten der International Renewable Energy Agency (IRENA).
Anerkennung
Der Schriftsteller ist im März 2016 nach Deutschland gereist, um eine von Clean Energy Wire (CLEW) organisierte Medientour und eine von der Bundesregierung veranstaltete Energiewendekonferenz zu besuchen. CLEW haben die Reise und Unterkunft während des Ausflugs übernommen und auch mit der Übersetzung des Artikels geholfen. Carbon Brief und CLEW werden beide mit Mitteln von der European Climate Foundation finanziert. Weitere Informationen auf unserer About Us-Seite.